Stufe | 4 | 5 | 6 | 7 |
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Anzahl Lektionen | 4 | 3 | 3 | 4 |
Das Fach Deutsch hat in der Schule seine spezifischen eigenen Inhalte und Aufgaben; darüber hinaus kommt ihm innerhalb des gymnasialen Bildungsauftrages eine integrierende bzw. fächerübergreifende Aufgabe zu, da die Förderung in der Muttersprache alle anderen Fächer mitbetrifft. Grundlegendes Ziel im Fach Deutsch ist es, Sprache als Mittel der Kommunikation, als Mittel der Erkenntnis und der Selbstreflexion sowie als Mittel der künstlerischen Gestaltung erfahrbar zu machen; das gilt sowohl für die Mündlichkeit als auch für die Schriftlichkeit. Dazu tritt die Befähigung zur Reflexion über Sprache und Sprechen. Der Deutschunterricht fördert die Schülerinnen und Schüler in ihrer Kompetenz, ihre Muttersprache adäquat zu gebrauchen, am Geistesleben im deutschsprachigen Kulturraum mittels umfassender literarischer Bildung teilzunehmen und sich mit den Medien kritisch auseinanderzusetzen.
Sprache ist das wichtigste Mittel sich zu verständigen. Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich mit der Wirkung von Sprache und lernen im Sinne einer gelingenden Kommunikation angemessen und unter Verwendung vielfältiger Medien auf ihre Mitmenschen einzugehen. Die Schülerinnen und Schüler setzen sich aber auch mit verzerrter Kommunikation auseinander. Als Machtmittel kann Sprache überzeugen oder manipulieren. Sie teilt soziale Rollen zu, vermag solche Rollen aber auch aufzusprengen. Dieses Wissen verpflichtet zu einem ethisch verantwortlichen sprachlichen Handeln.
Sprache steht in einer prägenden Wechselwirkung mit unserer Erfahrung und Weltwahrnehmung, mit unserem Denken, Wissen und unserer kulturellen Identität. Aufgrund von Einsichten in Strukturen und Funktionen ihrer Muttersprache entwickeln die Schülerinnen und Schüler Wissen von der Sprache und ihren Möglichkeiten sowie sprachliche Ausdrucksfähigkeit und sie gelangen zu einem bewussten und differenzierten Sprachgebrauch. Der Deutschunterricht vermittelt die Kompetenz zur Reflexion, Argumentation und Abstraktion und führt in Methoden des geistigen Arbeitens ein. Er aktiviert dabei gleichermassen Gefühl und Verstand, Fantasie und analytisches Denken, Einfühlungsvermögen und Kritikfähigkeit, Nachdenken über Sinn- und Wertfragen des Lebens und die Bereitschaft zu eigenverantwortlichem Handeln.
Sprache ermöglicht einen Zugang zu sich und der Welt und ist ein wichtiges Mittel sowohl der Identifikation als auch der Abgrenzung. Sie spielt eine bedeutende Rolle in der geistigen und affektiven Persönlichkeitsentwicklung des Menschen. Sprache als Reflexionsmittel fördert eine wache Zeitgenossenschaft, indem sie einen offenen, auch selbstkritischen Blick auf das Gegenwärtige verlangt und die produktive Aneignung des Vergangenen sowie zukünftig Möglichen anregt.
Besonderes Gewicht kommt im Deutschunterricht der Arbeit mit literarischen Texten aus verschiedenen Epochen zu. Die Schülerinnen und Schüler beherrschen Methoden der Texterschliessung und der Interpretation, lernen die Eigenart ästhetischer Texte kennen und erfahren sie als persönliche Bereicherung. Die Beschäftigung mit literarischen Werken fördert die Vorstellungskraft der Schülerinnen und Schüler, vermittelt ihnen Grundmuster menschlicher Erfahrung sowie unterschiedliche Weltdeutungen und Wertvorstellungen. Der Umgang mit Literatur erschliesst die sprachlichen Dimensionen unserer Kultur im Hinblick auf soziale Voraussetzungen, ästhetische Erscheinungsformen und philosophisch-theoretische Entwürfe. Dabei werden zeittypische Ausprägungen und historische Entwicklungen berücksichtigt. Die Erkenntnis der historischen Bedingtheit aller Weltdeutungen und Lebenshaltungen soll sie befähigen, Toleranz zu üben und ideologischen Vereinfachungen kritisch zu begegnen.
Sprachbetrachtung in der Schule soll sich grundsätzlich beziehen auf «Sprache im Gebrauch» (Bereich der menschlichen Verständigung) und auf «Sprache als System» (Bereich des Zeicheninventars resp. der Grammatik). Sprachbetrachtung ist insofern nicht auf Grammatikstunden zu beschränken, sie ist vielmehr Aufgabe des ganzen Deutschunterrichts und darüber hinaus jeglichen Unterrichts, weil jeder Unterricht Sprachunterricht ist.
Dieser Lehrplan orientiert sich an medialen Perspektiven und unterscheidet vier zentrale Lernbereiche:
Begriffsbildung, Begriffserläuterung und Begriffsdefinition
Einzel- oder Gruppenreferat, Vorträge
Partnergespräche, Diskussionen im Plenum, Lesen mit verteilten Rollen
Referat, rhetorische Übungen, Stegreifübungen, Rezitieren von Texten in Kombination mit szenischer Darstellung
Gespräche über Gedichte, Briefe usw.
Verbale und nonverbale Mittel kommunikativer Zuwendung, Sprechintentionen des Gegenübers
Diskussionen (Pro- und Kontra-Diskussion, u.a.)
Sachliches und faires Argumentieren, Rollenspiele
Strategien des Argumentierens und Appellierens
Statement, verbales und nonverbales Verhalten, Formen des Gesprächs
Politische Reden, Reden mit Öffentlichkeitscharakter, Rede- und Argumentationsstrategien, pragmatisch orientiertes Reden
Aufbauende und entwertende Kritik
Debatte, Diskussion, Übungen im freien Sprechen
Ausdruck von Gefühlen und Wertungen
Benennung von Gefühlen
Aufdecken von Klischees und klischeehaften Formulierungen
Jugendkultur, Musik, Film, literarische Texte, Sachthemen
Rollenspiele, Planspiele, szenische Darstellung
Diskussion, Debatte, Klassengespräch
Mimik, Gestik, Augenkontakt, Lautstärke, Tonlage
Verschiedene Kommunikationsmodelle, literarische Texte
Gespräch in der Klassengemeinschaft, mit Lehrpersonen etc.
Gebrauchstexte (Protokoll, Paper, Bericht) Korrespondenz (z. B. Bewerbung, Lebenslauf, Kündigung, Gesuch, Beschwerde)
Lernstrategien und Arbeitstechnik
(z. B. Notizzettel, Stoffsammlung, Disposition)
Steigende und dialektische Erörterung, textbezogene Erörterung
Persönliche Eindrücke und Erlebnisse, Reflexionen und Wünsche in unterschiedlichen Schreibformen, autobiographisches Schreiben, Schreiben als inneres Sprechen, Lebens- und Zukunftspläne
Textanalyse und Texterörterung
Charakteristik, Inhaltsangabe u.a.m.
Erörterung, textbezogene Erörterung
Glosse, Kommentar, Kolumne, Leserbrief, Précis, Kritik, Rezension
Eigene Versuche im publizistischen Schreiben
Facharbeit, Bibliothek, neue Medien, Zettelkasten, Disposition; Sekundärliteratur, Quellenangabe, Zitationsweise,
Textverarbeitungsprogramme, Datenbanken,
Disposition, eigene Texte
Historische, biographische, strukturalistische, textlinguistische, tiefenpsychologische, religiöse, philosophische Aspekte
Essays, Gedichte, Kurzgeschichten, Erzählungen, dramatische Texte
Schaubilder, Grafiken, Statistiken
Gedichte, Erzählungen, Novellen, Dramen, Jugendliteratur, Science-Fiction-Texte, fantastische und utopische Texte, Kriminalgeschichten, Rätsel, Witze, Comics
Selektives, kursorisches, informierendes, verstehend verarbeitendes, nachprüfendes unterhaltendes und kritisches Lesen
Theoretische Texte zu allen literarischen Gattungen
Poetik, sprachliche Bilder, Erzählperspektiven, Konnotation, Denotation
Inhaltsangabe, Nacherzählung
Journalistische Textsorten, Gebrauchstexte, Sachtexte, Zeitungsartikel, Reden
Probleme, Figuren sowie Figurenkonstellationen in Kurzgeschichten, Novellen, Gedichten, Auszügen aus Dramen und Romanen
Literaturgeschichte I (Mittelalter bis Aufklärung)
z.B. «Vater unser» in AHD, MHD und NHD
Historische, biographische, strukturalistische, textlinguistische Aspekte
Epik, Lyrik, Dramatik aus verschiedenen Epochen unter Berücksichtigung der Gegenwartsliteratur
Literaturgeschichte II (Sturm und Drang bis Realismus)
Tiefenpsychologische, religiöse, philosophische Perspektiven, der hermeneutische Zirkel
Epik, Lyrik, Dramatik aus verschiedenen Epochen unter Berücksichtigung der Gegenwartsliteratur
Trivialliteratur und literarisches Kunstwerk, Kunsttheorie, ästhetische Theorien
Literaturgeschichte III (Naturalismus bis Gegenwartsliteratur)
Rezeptionsgeschichte, Rezeptionsästhetik, Literaturkritik, Literaturbetrieb, Buchbesprechungen, Neuerscheinungen, Klappentexte, Theaterkritiken, Filmkritiken, literaturwissenschaftliche Abhandlungen
Gebrauchstexte, Sachtexte, Essays, Kommentare, Werbeschriften
Wortlehre, Satzlehre, Satzverknüpfung in Parataxe und Hypotaxe, Tempuslehre, Moduslehre
Kohäsionsmittel
Sprache der Werbung, der Politik, der Medien, Alltagskommunikation, Fachkommunikation, Sprachhandlungstheorien
Mehrdeutigkeit und Unbestimmtheit von sprachlichen Mitteln, z.B. Lyrik, Reden usw.
Gruppen- und Sondersprachen allgemein, z.B. Jugendsprache, Berufssprache, geschlechtsspezifische Sprache
Fachsprachen; Besonderheiten von Fachtexten, Vorarbeiten zur Facharbeit
Gruppensprachen, Geschlechtersprachen, Mundart, Umgangs- und Standardsprache in ihrem Beziehungsgeflecht, Dialekte als Varianten des Deutschen
Sprachgeschichte, Beispiele für Tendenzen der Gegenwartssprache
Sprachentwicklung, besonders im oberdeutschen Raum, Lehnwörter, Bedeutungswandel von Wörtern, Sprachnormierung, grammatisch-stilistische Besonderheiten und Veränderungen in der Gegenwartssprache, Internationalisierung; Mediale Verwendung der Sprache
Sprachtheoretische und sprachwissenschaftliche Arbeiten zu Themen wie:
Sprache und Wirklichkeit, Sprache und Weltbild, Sprache und geistige Entwicklung des Menschen, Spracherwerb, Sprachkritik, Sprache und Kultur
Die Aufteilung des Faches Deutsch in die vier Bereiche «Hören, Lesen, Sprechen», «Schreiben», «Literatur im Fokus» sowie «Sprache(n) im Fokus» dient ausschliesslich der übersichtlichen Darstellung der Kompetenzen und Inhalte. In der Unterrichtspraxis, in der sich diese Bereiche zwangsläufig überschneiden, ist eine gesamtheitliche Behandlung anzustreben.
Die Kompetenzen sind obligatorisch. Die Lehrkräfte sind allerdings frei in der Auswahl der Texte und – soweit sie nicht für obligatorisch erklärt (fettgedruckt) sind – in der Auswahl der Inhalte. Auch sind der Lehrperson Freiheiten gegeben in der Intensität der Behandlung. Rück- und Vorgriffe mit Rücksicht auf die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler sind möglich.
Kompetenzen, die in einer Klasse verfolgt und bis zu einem gewissen Grad erreicht worden sind, gelten im Sinne eines spiralförmigen Aufbaus grundsätzlich auch für die Arbeit in nachfolgenden Stufen; so sind auch die eingangs genannten stufenübergreifenden Formulierungen zu verstehen.
Der Lehrplan verzichtet darauf, Autorinnen und Autoren oder Werktitel zu nennen. Literaturgeschichtsbücher oder Textanthologien legen eine repräsentative Auswahl vor. In Liechtenstein existieren zwei Varianten des Deutschen – Standardsprache und Mundart – und der Einsatz dieser beiden Varianten ist von verschiedenen Faktoren her bestimmt, beispielsweise vom Medium her. Die Mundart ist einem starken Veränderungsprozess unterworfen und braucht als unsere Umgangssprache auch Förderung, das heisst den Ausbau der Fähigkeit, in der Alltagssprache miteinander umgehen zu lernen, zuhören und reden zu lernen. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Standardsprache bewusst sprechen können, gleichzeitig sollen sie ihren Dialekt weiterentwickeln und als Mittel der bewussten Identifikation mit der Heimat schätzen lernen.
Es gibt im Deutschunterricht eine Fülle von Möglichkeiten, fächerübergreifend zu arbeiten.
Exemplarisch herausgegriffen seien:
Sprachfächer |
Vergleichende Behandlung literarischer Stoffe und Epochen Grundbegriffe der Sprachbetrachtung (Grammatik) in ihrer Funktion Textarten Funktion sprachlicher Bilder (Latein) Massenmedien Redekunst; Referate |
Erklären von Begriffen Verbalisieren von Statistiken Umgang mit Sachliteratur |
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Geschichte, Sozialkunde, Geografie, Wirtschaft |
Umgang mit Sachliteratur Massenmedien im Zusammenhang mit statistischen Untersuchungen |
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Einflüsse philosophischer Strömungen auf literarische Werke Sprache und ihre Funktionen Fragen der Meinungsbildung Kommunikation (Axiome, Modelle) Sprachentwicklung |
Wechselwirkungen zwischen Epochen der Kunst und Literaturgeschichte Einsatz bildnerischer Mittel und ihre Umsetzung in Sprache |
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Liedtexte und ihre Vertonung Zusammenhang von Motiven Sprechpflege |
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Mensch und Sprache; Informationen verarbeiten Zu Sachverhalten Stellung nehmen |
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Religiosität in der Literatur Selbstfindung und Selbstverwirklichung des Menschen Fragen der Wertebildung |