Während der jährlichen Projektwoche des Liechtensteinischen Gymnasiums gingen diejenigen Schülerinnen und Schüler der Klasse 7Ma, welche Kunst als Schwerpunkt gewählt haben, für zwei Tage in die Kunstschule Nendeln, um ihre Fotografie-Fähigkeiten zu perfektionieren und eine neue Art des Druckens kennen zu lernen: die Radierung. Dies ist ein Tiefdruckverfahren, bei der ein Motiv mit einer Nadel oder einem Ätzmittel in eine Metallplatte geritzt wird, um später durch Einfärben der Vertiefungen und Druck auf Papier ein Bild zu erzeugen. Wir haben die Klasse am Mittwochvormittag besucht, als sie in zwei Gruppen aufgeteilt arbeitete: Die eine Gruppe begab sich einen Halbtag lang in die Druckwerkstatt, während die andere sich ans Fotografieren machte. Dabei drehte sich alles um Cindy Sherman, eine Künstlerin, welche sich intensiv mit der Selbstdarstellung und Inszenierung der eigenen Person beschäftigt. Auch wenn beide Aktivitäten dasselbe Thema bearbeiteten, war der Ablauf in den Gruppen ganz anders.

In der Druckgrafik erstellten die Schülerinnen und Schüler zuerst kuriose Selbstportraits, welche teilweise auch collageartig weiterverarbeitet wurden. Sie hielten ihr Gesicht an eine Glasscheibe und fotografierten es von der anderen Seite. Dadurch entstanden viele schräge, aber interessant aussehende Gesichter, welche anschliessend mit einer Kaltnadel übertragen wurden. Der letzte Schritt war es, mit der Aquatintatechnik durch Ätzung von Flächen in diversen Grauwerten dem Bild mehr Tiefe zu verleihen. Schlussendlich hatten die Schülerinnen und Schüler dann ein spezielles Selbstportrait von sich, welches dazu anregt, sich selbst auch einmal einen Spiegel vor Augen zu halten und nicht immer nur die eigene Perfektion zu priorisieren.

In der Fotografie bekamen die Schülerinnen und Schüler zuerst eine Einführung ins Fotostudio. Nachdem sie mit der Technik und dem Studio vertraut waren, begannen sie mit einem praktischen Warm-Up, bei dem die grundsätzliche Herangehensweise und der Umgang mit Farbe thematisiert wurden. Danach konnten sie endlich mit der praktischen Arbeit starten. Alle überlegten sich exklusive Posen und Gesichtsausdrücke und konnten ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Auch der Einsatz von Hilfsmitteln wie Makeup oder Accessoires war erwünscht. Die Schülerinnen und Schüler liessen sich durchdachte Posen einfallen wie z.B. die Darstellung sozialer Konflikte oder die Unterdrückung der Frau. Ziel war es, ähnlich wie die Künstlerin Cindy Sherman, schwere Thematiken mit Hilfe spannender Bildkompositionen leichter zugänglich zu machen. Hierbei schlüpften die Schülerinnen und Schüler in die jeweilige Rolle, ähnlich wie Schauspielerinnen und Schauspieler, und stellten mehr als „nur“ sich selbst dar.

Abschliessend kann man wohl sagen, dass die Gruppe in diesen zwei Tagen nicht nur ihrem künstlerischen Interesse nachgehen konnte, sondern auch viel Zwischenmenschliches sowie Persönliches über sich selbst lernen konnte.

Text und Fotos: Stephanie Ospelt und Lorena Plich

Wild Faces – Radierung trifft auf schräge Fotografie