Zum Einstieg erklärte Sabrina den Schülerinnen und Schülern, wie es überhaupt dazu kam, dass sie ein Sagenbuch veröffentlichte. So habe sie unsere Sagen schon immer geliebt. Als Kind sei sie mit ihrem Grossvater zu den Schauplätzen unserer Sagen gewandert und fand, dass man sich die Sagen dort richtig gut vorstellen kann. In der Primarschule merkte sie dann aber, dass nicht jeder unsere Sagen noch kennt. Sie erkannte damals schon, dass die Beliebtheit einer Sage wohl auch damit zusammenhängt, wie man sie erlebt. Als sie dann ihren Bachelor in Kommunikationsdesign machte, kam das Thema wieder auf, denn sie dachte sich, dass es doch möglich sein muss, die Sagen interessant für ein neues Publikum aufzubereiten.

Sabrina Vogt vermittelte den Schülerinnen und Schülern danach theoretische Grundlagen zum Thema Sagen, damit sie nachvollziehen konnten, was sie sich bei der Gestaltung ihres Buches überlegt hatte. So erklärte sie, dass Sagen mündliche Überlieferungen sind, die bestehende Glaubensvorstellungen, Werte und Regeln vermitteln sollen. Dabei beziehen sie sich auf eine bestimmte Zeit, eine bestimmte Persönlichkeit oder einen bestimmten Ort, was in Liechtenstein in eigentlich allen Sagen zutrifft. Da Sagen dem Mündlichen entspringen, sind sie kurzgehalten. Wenn sie niedergeschrieben werden, haben sie einen relativ einfachen und reduzierten Satzbau.

Sabrina Vogts Idee für das Buch war es nun, durch den Einsatz von bestimmten Gestaltungsmitteln die Verluste der Verschriftlichung der Sagen wie ihre Unnahbarkeit zu verringern. Zudem will sie mit dem Buch auch einen Beitrag leisten, um die Erzählkultur wiederzubeleben.

Als Nächstes erklärte sie den Schülerinnen und Schülern, wie sie vorging. Zuerst hatte sie die rund 260 Liechtensteiner Sagen auf ihre Eigenschaften hin analysiert. Beispielsweise gibt es mehrere Wildmandli-Sagen, die sie zusammenfassen konnte. Sabrina Vogt unterteilte dann die Sagen in sieben Grundstimmungen. Danach betrieb sie Feldforschung. Sie ging in Altersheime und hatte viele gute Gespräche über die Sagen. Zudem besuchte sie die einzelnen Schauplätze der Sagen und fotografierte sie.  

Sabrina Vogt stellte in ihrem Vortrag auch klar: „Hören-Sagen ist eigentlich kein Buch zum Vorlesen“. Vielmehr ist das Buch als Inspiration und Unterstützung für das Erzählen der Sagen gedacht. Darum habe sie sich am Anfang des Buches dazu entschieden, eine Erzählschule in schlichtem Design einzubauen.

Die Sagen selbst sind nummeriert und eine Karte am Anfang des Buches zeigt, wo sie spielen. „Das Gute an unserem Land ist, dass es so winzig ist. So kann man in höchstens zwei bis drei Stunden jeden der Orte selbst besuchen“, sagte Sabrina Vogt dazu. Die Grundstimmungen der Sagen werden mit der Papierfarbe und der Gestaltung des Ortsfotos, an dem die Sage spielt, dargestellt. So sind kuriose, geheimnisvolle oder zauberhafte Sagen auf lila Papier gedruckt und das Ortsbild ist ganz verschwommen. Die verschiedenen Papierfarben sieht man schon von aussen. Zudem nutzt sie die Typografie des Textes, um darzustellen, wo man schneller und langsamer oder lauter und leiser erzählen könnte.

Am Schluss des Buches gibt es noch einen Teil, der die Leserinnen und Leser und hoffentlich angehenden Erzählerinnen und Erzähler für die Darstellung der Wesen, die in den Sagen vorkommen, inspirieren soll. Vogt sagte über diese Wesen: „Sie sind der Star.“ Die Darstellung dieser Wesen war allerdings gar nicht so einfach. Denn je nach Erzähler haben diese unterschiedliche Fähigkeiten. Also habe sie sich dazu entschieden, sie als Collage aufzunehmen, bei der die Körperteile der Wesen die unterschiedlichen Eigenschaften aufweisen.

Bevor sie die Fragen der Schülerinnen und Schüler entgegennahm, gab Sabrina Vogt den ihnen noch einen Tipp mit: „Verfolgt eure Ideen, egal wie klein sie sein mögen, es lohnt sich!“ In der Fragerunde haben die Schülerinnen und Schüler herausgefunden, dass das Buch es bis Hamburg geschafft hat oder dass sie vom Schweizer Militär gefragt wurde, ob sie ein Spion sei.

Zum Abschluss zeigte Sabrina Vogt dann noch, wie eine geübte Erzählerin eine Sage aufführt: Sie erzählte ihre Lieblingssage Sücka-Cheris. Damit riss sie den Saal noch einmal richtig mit und zeigte klar, dass unsere Erzähltradition ein erhaltenswertes Kulturgut ist.  

Text: Fabian Kindle, Bibliothekar

Fotos: Eugen Nägele

Einsatz für mehr Erzählkultur – Sabrina Vogt liest