Am Montag, dem 11. März, sind sieben Schülerinnen und Schüler des Liechtensteinischen Gymnasiums in Begleitung zweier Lehrpersonen nach Slowenien gereist, um dort am YPAC teilzunehmen. Das „Youth Parliament to the Alpine Convention”, zu Deutsch das „Jugendparlament zur Alpenkonvention“, oder eben kurz YPAC bietet jungen Menschen aus dem gesamten Alpenraum die Möglichkeit, ihr Recht auf politische Mitbestimmung zu nutzen. Im Rahmen dieser Parlamentssimulation lernen die circa 70 Schülerinnen und Schüler in der Praxis, wie basisdemokratische Prozesse funktionieren und was alles für einen gelingenden demokratischen Diskurs nötig ist. Dazu befassen sie sich mit gegenwärtigen Problemen ihrer Heimat und debattieren über mögliche Lösungen. Diesen März standen Naturschutzgebiete im besonderen Fokus der Aufmerksamkeit. In vier Komitees widmeten sich die Delegierten den Unterthemen Biodiversität, Lebensqualität, Klimawandel und Kulturerbe.

Wieso ist das YPAC überhaupt relevant?

Eine Antwort auf diese Frage liefert Laurin Specht. Der siebzehnjährige Gymnasiast aus Ruggell war nun bereits zum dritten Mal beim YPAC dabei und er hat noch immer Lust auf mehr. In einem Interview berichtet er von seinen Erfahrungen mit dem Jungendparlament und was ihn immer wieder dazu bringt, daran teilzunehmen: „Ich finde Jungendpartizipation extrem wichtig. Die jungen Leute müssen realisieren, dass es um ihre Zukunft geht und dass sie daran teilhaben müssen.“ Damit spricht der Komiteepräsident direkt die Ziele der Organisation an: Zukunftsorientierung und Mitbestimmung, vermutlich zentrale Werte einer funktionierenden Demokratie, zu der die Jugendlichen ihren Beitrag leisten.

Ein Einblick in die Komitees

Ein Komitee befasste sich mit dem äusserst umfangreichen Thema der Biodiversität, immer im Bezug auf Naturschutzgebiete im Alpenraum. In einem ersten Schritt wurde die aktuelle Lage begutachtet, was schnell dazu führte, dass sich einige relevante Probleme deutlich zeigten. Beispielsweise diskutierten die jungen Parlamentarierinnen und Parlamentarier über invasive Arten im Alpenraum. Andrej Arih ist Biologe und arbeitet im Triglav-Nationalpark in Slowenien. Seine Expertise in den Gebieten der Biodiversität und dem Naturschutz diente dem Komitee am Mittwoch bei der Bewältigung der aufgedeckten Probleme. In einer Diskussionsrunde wurden Anliegen angesprochen, Ideen diskutiert und Lösungen überarbeitet. Der daraus resultierende Vorschlag behandelt Massnahmen zur Prävention von Verdrängung heimischer Arten durch invasive. Erreicht soll dies dadurch werden, dass man sich auf den menschlichen Aspekt konzentriert, denn dieser hat grossen Einfluss auf die Verbreitung solcher Arten und ist einfacher zu kontrollieren als der natürliche. Zusammengefasst bedeutet das, dass bestimmte Interessensgruppen der betroffenen Schutzgebiete wie beispielsweise Jäger und Fischer spezifische Auflagen erhalten sollen, um die Gebiete vor unerwünschten Tier- und Pflanzenarten zu schützen. Fischer müssten zum Beispiel ihre Boote standardisiert reinigen, damit keine unerwünschten Muschelarten und dergleichen eingeschleppt werden können, beziehungsweise sich das Ausmass verringert.

Weitere Vorschläge, die die Delegierten ausarbeiteten, enthalten Ideen zur internationalen Standardisierung der bereits bestehenden Naturschutzzonen. Dies soll die grenzübergreifende Kommunikation vereinfachen und die Handlungsfähigkeit steigern. Als ein weiteres Problem der Alpenregion wurde der Massentourismus erkannt. Um diesem die Stirn zu bieten, könnten Besucherzentren eingeführt werden, die regulieren sollten, wie viele Personen sich zu jedem Zeitpunkt im Schutzgebiet befinden. Hierzu gäbe es in der Anzahl beschränkte Tickets, die man vor Ort oder online kaufen müsste, um in die Zonen zu dürfen. Kontrolliert würde dies von Angestellten vor Ort. Durch diese Massnahmen würden neue Stellen geschaffen werden und Umsatz für die Region würde generiert werden. Des Weiteren würden Touristen, die für einen Besuch der Naturschutzgebiete zu zahlen bereit sind, vermutlich mehr Wert auf eben diese Natur legen und sie eher als schützenswert empfinden. Kritisieren lässt sich jedoch die fortschreitende Ökonomisierung der Umwelt und die Frage bleibt offen, ob die Natur nicht für alle Menschen gleichermassen zugänglich sein sollte.

Debatten im Parlament

Genau solchen Kritikpunkten und vielen weiteren mussten sich die Schülerinnen und Schüler am Donnerstag abschliessend stellen. In einer sechs Stunden langen Generalversammlung präsentierten die vier Komitees ihre Arbeit aus der Woche. Fragen und Anmerkungen waren zahlreich. Die daraus folgenden Debatten führten dazu, die Ideen im Idealfall zu konkretisieren und auszubauen oder im schlechtesten Fall zu verwerfen. Am Ende der Versammlung stimmten die Jugendlichen über die zwölf Vorschläge ab und entschieden sich für die acht besten, die es wert sind, weiterverfolgt zu werden. Die Generalversammlung ist das Kernstück des Jugendparlaments und bildet jedes Jahr den faktischen Abschluss der Session. Als letzter Punkt auf der Agenda finden sich traditionell die Abschlussparty am Abend und freitags die Verabschiedungszeremonie mit der Zertifikatsübergabe.

Das weitere Vorgehen

Obwohl die diesjährige YPAC-Session abgeschlossen ist, ist die Arbeit noch lange nicht zu Ende. Nun ist es wichtig, dass die Beschlüsse an die richtigen Stellen getragen werden. Im besten Fall finden sie so einen Weg, direkt oder in abgewandelter Form umgesetzt zu werden. Die weitere Analyse von Experten wird zeigen, ob das Jugendparlament 2024 Früchte tragen wird. Letztes Jahr hat sich die Liechtensteiner Delegation mit Liechtenstein Marketing zusammengesetzt, um das Projekt sowie die Ergebnisse zu präsentieren. Was dieses Jahr daraus wird, wird sich erst noch zeigen. Auf jeden Fall lässt die nächste Tagung nicht lange auf sich warten: 2025 geht es für die Jugendlichen nach Deutschland, genauer gesagt in das südbayrische Rosenheim.

Text und Bild: Timo Risch